Akademisierung der Pflege: Das Studium muss attraktiver werden
Das duale Studium der Pflege wurde bereits 2004 eingeführt und auch diverse Studiengänge wie Pflegewissenschaft oder Gerontologie existieren bereits seit vielen Jahren. Oftmals nutzen examinierte Pflegekräfte diese, um sich weiterzubilden, oder die Absolventen wählen im Anschluss keinen Pflegeberuf, sondern bleiben in der Forschung oder gehen in die Beratung.
Erst seit 2020 ist es jedoch möglich, Pflege zu studieren und damit gleichzeitig einen Bachelor of Science zu erhalten als auch den Abschluss zum Pflegefachmann beziehungsweise zur Pflegefachfrau. Möglich machen das die rund 2.300 Praxisstunden, die in der Regel in den Semesterferien abgeleistet werden – und hier ergibt sich schon das erste Problem: Diese Praktika sind nämlich verpflichtend, werden aber nicht bezahlt.
Pflege zu studieren muss man sich leisten können
Das ist im Studium zunächst einmal nicht so ungewöhnlich. Da es sich um sehr umfangreiche Praktika mit Schicht- und Wochenendarbeit handelt, haben die Studentinnen und Studenten jedoch in der Regel keine Zeit mehr, Nebenjobs anzunehmen und damit ihr Studium zu finanzieren. Sie sind also drei Jahre lang praktisch ohne Einkommen – und das muss man sich erst einmal leisten können. Das Bafög kann hier zwar Abhilfe schaffen, nicht jeder hat jedoch Anspruch darauf und vor allem in teuren Studentenstädten kann es trotz Förderung knapp werden. Anders in dem dualen Studium der Pflege: Hier werden Studentinnen und Studenten bezahlt.
Nicht nur die Studierenden müssen finanzielle Defizite in Kauf nehmen. Um die Praxisstunden gewährleisten zu können, müssen die Hochschulen mit Pflegeeinrichtungen kooperieren. Auch diese werden momentan nicht für ihre Ausbildungsleistung entschädigt, was stark kritisiert wird.
Fehlende Jobchancen nach dem Studium
Zu den unbezahlten Praktika kommt, dass die Jobmöglichkeiten nach dem Studium zu wünschen übrig lassen. So soll die Akademisierung der Pflege in der Theorie die Absolventinnen und Absolventen befähigen, ihre Kenntnisse mit in die Einrichtungen zu bringen und dort aktiv die Pflege weiterzuentwickeln. Entsprechende Stellen gibt es dafür aber nur wenige. Wer ein Pflegestudium absolviert, bewirbt sich deshalb oft auf dieselben Stellen wie Pflegekräfte, die eine generalistische Pflegeausbildung abgeschlossen haben.
Bisher verdienen Pflegekräfte mit Studium auch noch nicht bedeutend mehr als solche ohne akademischen Hintergrund. Erst wenn diese in der Hierarchie aufsteigen (zum Beispiel als Stationsleitung), steigt auch das Gehalt. Das führt besonders bei denjenigen zu Frustration, die vor dem Studium schon als Pflegekraft gearbeitet haben und sich durch die Weiterbildung eigentlich einen Karrieresprung erhofft hatten. Doch auch für Berufseinsteiger stellt sich die Frage: Warum Pflege studieren, wenn dann keine besseren Stellen als nach der Pflegeausbildung warten?
Dieses Dilemma führt dazu, dass sich die Nachfrage für das Pflegestudium sehr in Grenzen hält. Nicht einmal 50% der Studienplätze sind besetzt, was ein eindeutiger Indikator dafür ist, dass das Studium in Hinblick auf Jobchancen und Verdienstmöglichkeiten nicht attraktiv genug ist.