eine Pflegekraft sitzt verzweifelt auf dem Boden

Verfasst von Sarah Derkaoui|Veröffentlicht am 01.12.2022

Depressionen bei Pflegekräften: Macht Pflege krank?

Warum das nicht sein muss und was du dagegen tun kannst

Zeitdruck, Personalmangel, hohe Verantwortung und teilweise fehlende Erholungsphasen bringen Pflegende regelmäßig an ihre Belastungsgrenze – und können psychische Erkrankungen fördern. Doch kommen Depressionen bei Pflegekräften wirklich besonders häufig vor? In der Pflege stand bisher manches im Argen. Nichtsdestotrotz setzen immer mehr Arbeitgeber alles daran, bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter:innen zu schaffen. Das Vorurteil, Pflege mache krank, stimmt deshalb längst nicht immer. Wir zeigen dir in diesem Artikel, warum. Plus: Du liest, wie du als Pflegekraft Depressionen vorbeugen, woran du sie erkennen und ob du mit Depressionen in der Pflege arbeiten kannst.

Wie häufig sind Depressionen und psychische Krankheiten bei Pflegekräften?

Für viele (wenn auch leider nicht für alle) Arbeitgeber hat die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen oberste Priorität. Flexible Dienstpläne und familienfreundliche Arbeitszeiten sind Beispiele für innovative Modelle, die für bessere Bedingungen im Pflegeberuf stehen. Trotzdem sind dir in deinem Berufsleben vielleicht bereits Kolleg:innen begegnet, die sich mit der Diagnose "Depression" geoutet haben oder du kennst Kolleg:innen, die psychisch angeschlagen wirken.

Die Zahlen bestätigen das:

  • Pflegekräfte fallen fast doppelt so häufig (4,63 Tage) aufgrund psychischer Probleme aus, als Angehörige anderer Berufsgruppen (2,47 Tage). Das zeigt der 2019 veröffentlichte Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse.
  • Bei Pflegepersonal in der Altenpflege sind Depressionen für 80 bis 90 Prozent mehr Fehltage verantwortlich, als das bei Erwerbstätigen in anderen Berufen der Fall ist. Das ermittelte der Barmer Pflegereport 2020.
  • Etwa ein Drittel der Alten- und Krankenpflegefachkräfte geben in der gleichen Studie an, dass die Arbeitsanforderungen sie häufig bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen. Bei etwa 40 Prozent löst die Arbeit häufig eine emotionale Belastung aus.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache – und dennoch sind Depressionen und psychische Erkrankungen im Pflegeberuf leider oft ein Tabuthema. Die gute Nachricht – und das macht Hoffnung – ist jedoch: Arbeitgeber sehen das Problem und wollen Veränderungen bewirken. Was du tun kannst, wenn du das Gefühl hast, dass du deine Belastungsgrenze längst überschritten hast, verraten wir dir im Anschluss. Außerdem widmen wir uns den Ursachen für Depressionen bei Pflegekräften.

Wie kann dich dein Arbeitgeber unterstützen?

Informiere dich hier über verschiedene Einrichtungen und wie sich dich mit Weiterbildungen, in gesundheitlichen Themen oder im Privatleben unterstützen können:

→ Pflegeeinrichtungen & Kliniken in Berlin

→ Pflegeeinrichtungen & Kliniken im Rheinland

→ Pflegeeinrichtungen & Kliniken in München

→ Pflegeeinrichtungen & Kliniken deutschlandweit

Depressionen im Pflegeberuf: Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten

Beginnen wir mit der zweiten Frage und wenden uns den Ursachen für Depressionen bei Pflegenden zu. Wenn du zu den Menschen gehörst, die im Beruf immer mindestens 100 Prozent geben, kann es nämlich passieren, dass du die eigenen Bedürfnisse ständig hinten anstellst. Verschließt du die Augen vor wichtigen Warnsignalen, macht deine Psyche irgendwann nicht mehr mit.

Ursachen für Depressionen

Aus medizinischer Sicht werden Depressionen aufgrund eines Zusammenspiels verschiedener Einflüsse ausgelöst, die verstärkend aufeinander einwirken. Dazu gehören:

  • Körperliche Einflüsse: Beispiele dafür sind ein gestörter Hirnstoffwechsel, ein Ungleichgewicht der Stresshormone, Schilddrüsenerkrankungen und Belastungen durch chronische Krankheiten.
  • genetische Faktoren: das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist um 50 Prozent erhöht, wenn Verwandte ersten Grades ebenfalls unter depressiven Störungen leiden.
  • psychische und psychosoziale Auslöser: Dazu zählen Stress, belastende Lebensumstände, eine geringe persönliche Resilienz und eine negative Lebenseinstellung. 

Jedes Jahr erleiden schätzungsweise etwa 7 Prozent der europäischen Bevölkerung eine Depression. Doch woran liegt es, dass Burnout und Depressionen bei Pflegekräften so häufig vorkommen?

Diese Faktoren können im Pflegeberuf krank machen!

Die Arbeit in der Pflege fordert dich körperlich, psychisch und emotional. Und gerade als Pflegefachkraft ist es oft schwer, die Gedanken an die Arbeit nach Feierabend hinter sich zu lassen. Diese Faktoren können besonders belastend sein:

  • du möchtest noch mehr für die Pflegebedürftigen tun, fühlst dich aber oft machtlos
  • das Schicksal von Patient:innen, ihr Leid und ihre Schmerzen nehmen dich stark mit
  • die ständige Arbeit an der körperlichen und psychischen Belastungsgrenze erschöpft dich zunehmend
  • dir ist Verlässlichkeit wichtig, doch Nachtdienste, Überstunden und das Holen aus dem Frei rauben dir alle Energie – und lassen dir weder Zeit noch Kraft für Familie und Privatleben
  • du vergleichst dich mit Kolleg:innen und fühlst dich schuldig, weil es ‘alle anderen ja auch irgendwie schaffen’
  • es fällt dir immer schwerer, mit Erwartungshaltungen von Patient:innen, Angehörigen und Kolleg:innen umzugehen
  • in deinem Team fehlt der Zusammenhalt und das Arbeitsklima ist von Mobbing, mangelnder Kooperation und fehlender Wertschätzung geprägt

Erkennst du dich in diesen Punkten wieder? Dann kann es sinnvoll sein, dir professionelle Hilfe zu holen. Wir verraten dir weiter unten, wie. Widmen wir uns zunächst typischen Symptomen von Depressionen.

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Typische Symptome: Woran erkenne ich, ob ich depressiv bin?

Bleiben mindestens eines dieser Symptome, sowie weitere Krankheitszeichen über mindestens zwei Wochen bestehen, solltest du dir dringend ärztlichen Rat holen. 

  • Du bist ständig niedergeschlagen. Ob morgens, mittags oder abends – deine Stimmung ist dauerhaft im Keller? Hält dieser Zustand über etwa zwei Wochen an, kann die ein Hinweis auf eine Depression sein.
  • Du fühlst einfach gar nichts mehr. Wenn du dich über nichts mehr freuen kannst, du auch bei deinen Hobbys oder mit Freunden keinen Spaß mehr empfindest und positive Erlebnisse nichts in dir auslösen, deutet auch dies auf eine Depression hin.
  • Du möchtest am liebsten im Bett liegen bleiben und bist ständig müde. Das tägliche Aufstehen, Waschen und Zur-Arbeit-Gehen erschöpft dich so sehr, dass du kurz davor bist, es einfach bleibenzulassen. 

Diese Hauptsymptome von Depression können von weiteren Krankheitszeichen begleitet werden: 

  • Körperliche Beschwerden ohne organische Ursache wie Schlafstörungen, fehlender Appetit sowie Kopf- und Rückenschmerzen und Herz-Kreislauf-Beschwerden 
  • Nebensymptome wie ständige Schuldgefühle, fehlende Konzentration, starke Unruhe, Selbstzweifel und Selbstvorwürfe

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Depressionen?

Zuerst die gute Nachricht: Depressionen gelten als heilbar. Falls du zu den Betroffenen gehörst, solltest du mit der Behandlung allerdings so schnell wie möglich beginnen, damit die Krankheit nicht chronisch wird. Es gibt zwei Behandlungsansätze, die bei schweren oder wiederkehrenden Depressionen auch kombiniert werden können.

  • Die Behandlung mit Medikamenten: Eingesetzt werden sogenannte Antidepressiva, die durch ihren Einfluss auf die Botenstoffe im Gehirn stimmungsaufhellend wirken sollen.
  • Die Behandlung durch Psychotherapie: Mit therapeutischer Unterstützung schaffen es viele Betroffene, ihre Depressionen zu überwinden und psychisch stabiler zu werden.
  • Falls du im Zweifel bist, ob du kurz vor oder bereits mitten in einer Depression steckst, suche dir dringend und schnellstmöglich kompetenten ärztlichen Rat.

Wie kann man Depressionen vorbeugen?

Vorbeugen ist besser als heilen, soviel ist klar. Deshalb haben wir ein paar Tipps für dich zusammengefasst, die dir helfen können, Depressionen im Pflegeberuf vorzubeugen.

  • Stress und Überforderung vermeiden. Erledige anstehende Aufgaben nacheinander und scheue dich nicht, Kolleg:innen um Hilfe zu bitten oder bestimmte Tasks auch einmal abzugeben.
  • Freizeit genießen. Denkst du gerade: ‘Aber dafür habe ich doch gar keine Zeit’?! Dann sollten deine Alarmglocken schrillen. Wenn du nicht mehr abschalten kannst und dir die Zeit fehlt, um dich zu erholen und Spaß mit deinen Liebsten zu haben, sinken deine Energielevel früher oder später garantiert unter null. Und das tut weder dir noch deinen Patient:innen gut. 
  • Dir Gutes tun. Als Pflegefachkraft weißt du eine ganze Menge über den Zusammenhang zwischen Ernährung, Sport und der Gesundheit. Setze dieses Wissen auch für dich selbst ein, um deine Resilienz, deinen Körper und deine Psyche durch gutes Essen und Bewegung zu stärken. 
  • Über Probleme sprechen. Raus aus dem Schneckenhaus! Sprich’ mit deinen besten Freunden oder lieben Kolleg:innen über das, was dich belastet und hole dir mentale Unterstützung.

Kann man mit Depressionen in der Pflege arbeiten?

Die Antwort auf diese Frage hängt von deiner individuellen Situation ab. Leidest du unter einer Depression, solltest du unbedingt mit deinem behandelnden Arzt oder deiner behandelnden Ärztin darüber sprechen, wie es am besten weitergeht.

Ein wichtiger Aspekt dabei: Gehst du mutig und offen mit deiner Erkrankung um? Oder verschweigst du die Diagnose lieber, um nicht in eine Schublade gesteckt zu werden? Gib’ dir in jedem Fall genug Zeit, um die Entscheidung zu treffen, die für dich und deine seelische Gesundheit am besten ist.

Vielleicht kommt auch eine Tätigkeit in Teilzeit für dich infrage, um nicht erneut dem Hamsterrad aus Stress, Arbeit am Limit und Erschöpfung zum Opfer zu fallen.

Fazit: Depressionen bei Pflegekräften sind keine Seltenheit

Auch wenn Depressionen bei Pflegekräften keine Seltenheit sind, heißt das nicht, dass Pflege per se krank macht. Immer mehr Arbeitgeber kümmern sich aktiv um Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen. Sie setzen auf Strategien wie betriebliches Gesundheitsmanagement, eine verbesserte Work-Life-Balance durch innovative Arbeitszeitmodelle und familienfreundlichere Arbeitsbedingungen.

In diesem Artikel haben wir dir gezeigt, woran du erkennen kannst, ob du Gefahr läufst, in eine Depression zu rutschen und ein paar Tipps mit dir geteilt, wie du der Krankheit vorbeugen kannst. 

 

Ganz wichtig: Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Alarmsignal, dass es höchste Zeit ist, auf deine Bedürfnisse zu achten! Wenn du Anzeichen für eine Depression bei dir vermutest, scheue dich nicht, dir die Hilfe zu holen, die du brauchst. Wir wünschen dir alles Gute!

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