Du kennst das bestimmt aus dem Pflegealltag: Eine ältere Dame bleibt lieber in ihrem Zimmer im Seniorenheim statt an den gemeinsamen Aktivitäten teilzunehmen. Außerdem trinkt sie zu wenig. Für dich als Pflegekraft stellt sich dann die Frage: "Wie gehe ich mit dieser Situation um?" Die Pflege-Charta bringt Klarheit.
Was also tun, wenn ein Patient oder eine Bewohnerin nicht mit dem einverstanden ist, was du anbietest? Wenn es vielleicht sogar so weit geht, dass die Gesundheit gefährdet ist? Dann kollidieren möglicherweise verschiedene Rechte miteinander. Umso wichtiger ist es, über die grundsätzlichen Rechte von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen Bescheid zu wissen.
Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf haben selbstverständlich die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen auch. Das betrifft zum Beispiel das Recht auf ein Leben in Würde, Freiheit und Selbstbestimmung.
Rechtsstellung pflegebedürftiger Menschen stärken
Eine Grundlage für die Selbstbestimmung speziell in der Pflege ist die Pflege-Charta. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verabschiedete sie im Jahr 2005. Erarbeitet wurde die Pflege-Charta in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Runder Tisch Pflege“, an der viele Vertreter aus Verbänden, Ländern und Kommunen, der Praxis und Wissenschaft teilnahmen.
Das BMFSFJ definiert als Ziel der Pflege-Charta, die Rolle und die Rechtsstellung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen zu stärken. Dazu werden in acht Artikeln deren grundlegende Rechte zusammengefasst.
Diese acht Artikel lauten:
Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können.
Artikel 2: Körperliche und Seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden.
Artikel 3: Privatheit
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre.
Artikel 4: Pflege, Betreuung und Behandlung
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung.
Artikel 5: Information, Beratung und Aufklärung
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe und Pflege sowie der Behandlung.
Artikel 6: Kommunikation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gesellschaft
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wertschätzung, Austausch mit anderen Menschen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Artikel 7: Religion, Kultur und Weltanschauung
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, seiner Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und seine Religion auszuüben.
Artikel 8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben.