Richtiger Umgang mit LGBT Patienten

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 15.07.2020

LGBTQ-Patient:innen – Wie verhalte ich mich richtig?

Sollte Sexualität für Pfleger:innen tabu sein?

Krank wird fast jeder einmal – und alt auch. Und wenn das passiert, dann geht es allen gleich: Sie kommen ins Krankenhaus, ein Pflegeheim oder müssen zumindest ambulant medizinisch versorgt werden. Für das Pflegepersonal ist das eine spannende, aber auch herausfordernde Aufgabe. Denn sie müssen sich um die verschiedensten Menschen kümmern – aus verschiedenen sozialen Klassen, von verschiedener Herkunft und eben auch mit verschiedener Sexualität. Wenn du dich mit der Thematik noch nicht besonders beschäftigt hast, kann das zu Unsicherheiten führen. Wir geben dir deshalb einen kleinen Überblick.

Homosexuell, bisexuell, transsexuell?

Wenn früher noch lediglich zwischen hetero- und homosexuell unterschieden wurde, so gibt es heutzutage ein viel größeres Spektrum an Definitionen. Denn Sexualität ist vielfältig und das spiegelt sich zunehmend auch in der Sprache wider. Als Pflegekraft ist es für dich hilfreich, diese Vielfalt zu kennen, damit du deine Patient*innen besser verstehen kannst. Während sich manche Menschen nicht in eine Schublade stecken lassen möchten, ist es für die meisten wichtig, ihrer Sexualität einen Namen zu geben, vor allem, wenn sie von der immer noch als „normal“ betrachteten Heterosexualität abweicht. Das hilft ihnen, sich selbst besser zu verstehen, sexuell selbstbestimmt zu leben und vielleicht auch andere zu finden, die dieselben Neigungen haben. 

Homosexualität (das sexuelle und romantische Interesse am gleichen Geschlecht), Bisexualität (das Interesse an beiden Geschlechtern) und Asexualität (kein sexuelles Interesse) sind den meisten bekannt. Es gibt jedoch noch viele weitere Formen – zu viele, um sie hier alle aufzulisten. Ein paar der wichtigsten Begriffe zum Thema Sexualität möchten wir dir hier trotzdem verkürzt erklären.

  • LGBTQ: Diese Abkürzung steht für die englischen Begriffe Lesbian (lesbisch), Gay (schwul), Bisexual (bisexuell), Transgender und Queer (ein Sammelbegriff für alle nicht-heterosexuellen Menschen). 
  • Cissexualität: Als „cis“ werden Menschen bezeichnet, die mit dem Geschlecht geboren wurden, als das sie sich identifizieren. Die Mehrheit der Menschen sind also cissexuell.
  • Transsexualität: Transsexualität ist sozusagen das Gegenteil von Cissexualität. Als transsexuell wird jemand bezeichnet, der das Gefühl hat, das falsche Geschlecht zu haben: Zum Beispiel ein Mann, der sich wie eine Frau fühlt. Transsexuelle können eine Geschlechtsumwandlung gemacht haben, müssen es aber nicht (z.B. weil sie keine Möglichkeit dazu haben). Übrigens ist Transsexualität nicht dasselbe wie Transvestitismus. Ein Transvestit kleidet sich gern wie das andere Geschlecht, mit seiner Sexualität oder seinem Geschlecht hat das aber an sich nichts zu tun.
  • Intersexualität: Du erinnerst dich vielleicht an die Debatte, im Ausweis die Option „divers“ anzugeben. Hiervon sind besonders Intersexuelle betroffen, denn diese lassen sich anatomisch oder hormonell nicht klar einem biologischen Geschlecht zuordnen. Viele Intersexuelle fühlen sich trotzdem eher einem Geschlecht zugehörig, andere jedoch nicht.
  • Demisexualität: Für dich als Pfleger spielt es praktisch wahrscheinlich keine Rolle, trotzdem ist es interessant zu wissen, dass es auch eine sogenannte sekundäre sexuelle Anziehung gibt. Dabei fühlt sich eine Person aufgrund von Merkmalen zu einer anderen hingezogen, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind (wie z.B. das Geschlecht). So fühlen sich Demisexuelle nur zu Personen hingezogen, welche sie sehr gern haben und gut kennen (One-Night-Stands wären für sie also keine Option). Ähnlich verhält es sich übrigens mit Sapiosexuellen. Diese werden von Intelligenz angezogen.

Fragen zur Sexualität – Tabu oder wichtig?

Auch beim Thema Sexualität gilt das aus der Sesamstraße bekannte Motto „Wer nicht fragt, bleibt dumm“. Allerdings solltest du dir bewusst sein, dass du dich hier auf dünnem Eis bewegst, denn die eigene Sexualität ist ein äußerst persönliches Thema. Stelle dir vor, dir würde jemand einfach so Fragen zu deinen sexuellen Vorlieben stellen – unangenehm, oder?

Generell ist es nicht verkehrt, als Pflegende oder Pflegender Patient*innen Fragen zu stellen, wenn dich etwas wirklich interessiert. Höre dabei aber auf dein Bauchgefühl: Wenn du eine*n Patient*in hast, der*die sehr gern und viel von sich erzählt, besteht die Chance, dass er vielleicht gern mit dir darüber spricht. Bei ruhigen und zurückweisenden Patient*innen solltest du dich eher vorsichtig herantasten und im Zweifelsfall lieber von persönlichen Fragen absehen.

Auch gilt, dass jüngere Patient*innen eher über ihre Sexualität sprechen als ältere. Ältere haben wahrscheinlich in der Vergangenheit noch mehr Stigmatisierung erfahren, weshalb ihnen das Thema oft unangenehmer ist. Im Allgemeinen gilt, dass du zuerst um Erlaubnis fragen solltest, bevor du eine persönliche Frage stellst. Zum Beispiel: „Ich habe gehört, dass Sie eine Geschlechtsumwandlung hatten. Könnte ich Sie dazu etwas fragen? Das Thema interessiert mich sehr.“ Wenn du signalisierst, dass du ernsthaftes Interesse und keine Vorurteile hast, ergibt sich eher ein Gespräch. Akzeptiere aber ein Nein und bohre nicht unnötig weiter nach.

Der „richtige Umgang“ mit LGBTQ-Patient*innen

Die sexuelle Neigung hat keinen Einfluss darauf, wie ein* Patient*in (medizinisch) behandelt werden sollte. Eine bisexuelle Frau bekommt natürlich die gleichen Medikamente wie eine heterosexuelle Frau. Auch darüber hinaus möchten nicht-heterosexuelle Patient*innen selbstverständlich die gleiche Behandlung erfahren wie alle anderen Patient*innen auch. Dass abfällige Kommentare oder unsensible Fragen gar nicht gehen, sollte gar keine Frage sein. 

Dennoch kann es ab und an zu Situationen kommen, in denen du im Umgang mit den Pflegebedürftigen ein wenig Feingefühl beweisen solltest. Wenn du Angst hast, etwas falsch zu machen, können wir dich erst einmal beruhigen. Denn eigentlich ist es ganz einfach: Verhalte dich genauso, wie du dich einer heterosexuellen Person gegenüber verhalten würdest.

Wenn sich also der Ehemann von Herrn Müller ankündigt oder sich herausstellt, dass Frau Meier untenrum noch ein Herr Maier ist, solltest du das erst einmal nicht groß kommentieren. Auch wenn du im ersten Moment ein wenig überrascht reagierst, ist das nicht schlimm. Meistens sind die Leute daran gewohnt und solange du freundlich bleibst und dein Verhalten ihnen gegenüber nicht veränderst, ist das in Ordnung. 

 

Die Akzeptanz unterschiedlicher Geschlechter und sexueller Neigungen ist heute in Deutschland größer als noch vor wenigen Jahrzehnten. Trotzdem werden Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft noch immer im Alltag diskriminiert, beleidigt oder haben mit falschen Vorurteilen zu kämpfen. Als Pflegekraft kannst du mit unseren Tipps einen Teil dazu beitragen, die Situation zu verbessern: Indem du dich informierst, deine eigenen Vorurteile hinterfragst und einschreitest, wenn du Zeuge oder Zeugin von Diskriminierung wirst. 

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.