Umgang schwieriger Patient

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 09.09.2020

Schwierige Patient*innen: So gehst du mit ihnen um

Wie du trotzdem empathisch bleibst

Jede Pflegekraft weiß: Manche Patient*innen sind schwieriger als andere. Das beginnt bei bloßem Nörgeln oder Beschweren und geht bis zur körperlicher Aggression - und kann Pfleger*innen den letzten Nerv kosten. Oft fühlen sich die Betroffenen überfordert und wissen nicht, wie sie mit diesen Patient*innen umgehen sollen. Denn anders als im persönlichen Alltag kann man schwierigen Patient*innen nicht einfach aus dem Weg gehen, sondern muss sich um sie kümmern und geduldig mit ihnen bleiben. In diesem Fall ist eine Menge Standhaftigkeit gefragt.

Gibt es überhaupt schwierige Patient*innen?

Eine provokante Frage für jeden, der es schon einmal mit besonders uneinsichtigen und penetranten Patient*innen zu tun hatte. Trotzdem solltest du dich fragen, ob nicht etwa die Patient*innnen schwierig sind, sondern einfach die Umstände, in denen sie sich befinden. Im Arbeitsstress geschieht es oft, dass man vergisst, dass jede*r einzelne Patient*in eine eigene Geschichte mitbringt und damit jede Menge Gründe dafür, warum sie oder er so ist. Natürlich gibt es Menschen, deren Charakter und Verhalten für dich nur schwer nachvollziehbar sind. Trotzdem solltest du zumindest versuchen mit der Einstellung an die Sache herangehen, dass der oder die Patient*in nicht die Absicht hat, dich zu belästigen (auch wenn das natürlich in Einzelfällen vorkommen kann).

Um deine Neutralität zu behalten, darfst du eines nicht vergessen: Es gibt nicht wirklich schwierige Patient*innen, es gibt nur Patient*innen, die sich schwierig verhalten. 

Besonders schwierig im Umgang können zum Beispiel Patient*innen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Zwangsstörungen, Alkohol- oder Drogensucht, psychotischen Störungen und vielen weiteren Erkrankungen sowie aggressive Patienten sein. Wie mit diesen Personen im Einzelnen umgegangen werden sollte, muss individuell entschieden werden. Wir möchten dir allgemeine Tipps geben, die deinen Alltag mit und die Behandlung von schwierigen Patienten und Patientinnen erleichtern – eine genaue Anleitung dazu, wie du mit deinem „Problemfall“ umgehen solltest, gibt es leider nicht. Hier hilft meist nur viel Erfahrung. Hast du regelmäßig mit schwierigen Patient*innen zu tun, kann sich eine Fortbildung in dem Bereich lohnen.

Der Job könnte so schön sein, wären da nicht die anderen Menschen?

Wie wirke ich auf die Patient*innen?

Dich in die Patient*innen hineinzuversetzen, ist sehr wichtig – deshalb gehen wir jetzt noch einen Schritt weiter. Versuche nicht nur zu verstehen, warum sich ein*e Patient*in auffällig verhält, sondern auch, wie du auf ihn wirkst. Manchmal könntest du nämlich (ganz ohne es zu wissen) zu dem Fehlverhalten der Patient*innen beitragen.
 

So ist es zum Beispiel wichtig, dass du keinen gestressten oder unfreundlichen Eindruck auf Patienten machst, die sich ohnehin schon ungerecht behandelt fühlen. Achte darauf, dass deine Stimme ruhig ist, wenn du mit dem Patienten sprichst, auch wenn du viel zu tun hast.


Befindest du dich inmitten einer angespannten Interaktion, atme einmal tief durch und mache einen Schritt zurück, um die Situation zu entschärfen. Reflektiere dein Verhalten und denke darüber nach, wie es vielleicht von den Patient*innen missverstanden werden könnte. Fühle dich in die Patient*innen hinein und versuche, die Dinge aus ihrer Sicht zu sehen. Wenn es dir nicht gelingt, Empathie mit den Patient*innen aufzubauen, dann probiere es einmal mit folgendem Trick: Erinnere dich daran, dass es eine Person gibt, die den Patienten so liebt, wie er ist – weil sie seine guten Eigenschaften kennt und weil es bestimmt viele liebenswerte Charakterzüge gibt, die du unter diesen Umständen nicht kennengelernt hast. Die Vorstellung, dass es so jemanden gibt, der so empfindet, sei es der Partner, die Eltern oder die Freund*innen der Person, kann dir dabei helfen, in dem Moment nicht nur die negativen Seiten des Patienten wahrzunehmen und so empathischer auf ihn einzugehen.

Eine Frage der Perspektive

Menschen sagen nicht immer, was sie denken und sie sagen auch nicht immer, was sie wollen. Das macht das menschliche Zusammenleben zugegebenermaßen sehr kompliziert und kann manchmal zu Konflikten führen. Trotzdem ist es wichtig, diese Tatsache im Hinterkopf zu behalten. Denn viele Patient*innen verhalten sich auffällig, weil sie ein Problem haben, über das sie nicht sprechen können oder wollen.
 

Zum Beispiel: Ein*e Patient*in ruft regelmäßig nach Wasser, möchte, dass das Fenster geöffnet oder geschlossen wird oder hat ständig andere triviale Wünsche, mit welchen sie oder er das Pflegepersonal auf Trab hält.


Möglicherweise fühlt sich diese*r Patient*in einsam und allein gelassen und freut sich einfach darüber, wenn jemand ins Zimmer kommt, mit dem er ein paar Worte wechseln kann. Oder er ist es gewohnt, zu Hause alles unter Kontrolle zu haben und fühlt sich nun, da sie oder er krank oder zu alt ist, hilflos und leidet unter dem Kontrollverlust. 

Die Beweggründe für das störende Verhalten von schwierigen Patient*innen zu verstehen und hinter das zu sehen, was wie eine Marotte erscheint, ist der erste Schritt zum richtigen Umgang mit diesen Menschen. Verstehst du erst einmal, was die Patient*innen wirklich möchten (und das ist in vielen Fällen einfach Verständnis und Aufmerksamkeit), kannst du mit der Situation besser umgehen und vielleicht eine Lösung finden. 

Wichtige Tipps für den Umgang mit schwierigen Patient*innen

  • Sprich mit der Person. Suche aktiv das Gespräch und versuche herauszufinden, warum sie sich so verhält. Kommunikation sollte immer der erste Ansatz sein. Versuche auch sachlich zu erklären, warum dich das Verhalten stört.
  • Finde eine Lösung für das zugrundeliegende Problem des Patienten. Oft hilft es schon, dass der oder die Patient*in sieht, dass sich gekümmert wird und ihre oder seine Anliegen ernst genommen werden. Wenn sich das Problem nicht lösen lässt, suche nach einem Kompromiss.
  • Auch wenn der oder die Patient*in geistig nicht mehr voll da ist, solltest du ihn oder sie ernst nehmen und auf ihn oder sie eingehen. So zeigst du ihm/ihr, dass sie wichtig ist.
  • Spiele die Beschwerden des Patienten oder der Patientin nicht herunter und vermeide Sätze wie „Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal“ oder „So schlimm ist das doch nicht“ – das gießt meist nur zusätzliches Öl ins Feuer. Höre stattdessen aufmerksam zu.
  • Reagiere angemessen und empathisch auf den Patienten oder die Patientin und seine oder ihre Wünsche, zeige aber auch Grenzen auf.
  • Besonders Patient*innen mit einer hohen Anspruchshaltung solltest du sachlich vermitteln, dass du nicht ihr*e persönliche*r Angestellte*r bist und auch noch andere Patient*innen hast.
  • Hole dir Tipps von den Kolleg*innen in deiner Klinik oder Einrichtung, die den Patienten oder die Patientin vielleicht schon kennen oder Erfahrungen im Umgang mit solchen Situationen gemacht haben.
  • Fühlst du dich von einem Patienten oder einer Patientin wirklich überfordert oder wirst von ihm persönlich angegriffen, dann hole dir Hilfe und sprich mit deinem oder deiner Vorgesetzten. Kommunikation hilft. Vielleicht findet sich ein*e Kolleg*in, der oder die besser mit ihm oder ihr klarkommt. Du musst schließlich nicht alles über dich ergehen lassen!


Auch wenn du das Verhalten deines Patienten oder deiner Patientin nicht nachvollziehen kannst und du ihn oder sie – ganz ehrlich gesagt – für eine unausstehliche Person hältst, sollte das keine Auswirkungen auf deine Arbeit haben. Versuche gelassen zu bleiben und nehme es auf gar keinen Fall persönlich, wenn Patient*innen nicht kooperieren oder dich gar angreifen. Erinnere dich daran, dass sich die Patienten in einer Ausnahmesituation befinden und wahrscheinlich selbst nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Deshalb ist es wichtig, dass du den richtigen Weg vorgibst. 

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.